1. FASTENSONNTAG

Evangelium nach Matthäus (4,1-11)

In der Bibel ist die Wüste immer der Ort der Besinnung, der Stille und der Kargheit. Man wird dort nicht mehr abgelenkt von den tausenden Dingen des Lebens. Man kehrt in sich selbst ein, man versucht sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Wer bin ich eigentlich? Wo stehe ich im Leben? Was will ich? Wozu lebe ich? Wofür lebe ich? Welche Bedeutung hat mein Leben?

Nachdem Jesus bei seiner Taufe die tiefe Erfahrung gemacht hat, dass er von Gott geliebt wird und deswegen von Gott in seinen Dienst genommen wird, sein Leben ganz für Gott zu leben, zieht es ihn in die Einsamkeit, in die Wüste. Da will er sich darüber klar werden, welche Konsequenzen diese Gotteserfahrung für ihn hat und wie er jetzt leben soll.

„Wenn du Gottes Sohn bist, wenn Gott dir so unheimlich nahegekommen ist, mit dir in so eine intensive Beziehung getreten ist, dass seine Kraft in dir wirksam ist ... wirst du diese Kraft für dich selbst anwenden, indem du Dinge wie im Hokuspokus verwandelst und dir so das Leben angenehm machst? Wirst du Steine in Brot verwandeln? Willst du nur konsumieren? Ist dein leibliches Wohl das Wichtigste in deinem Leben?

Oder wirst du mit deiner Kraft imponieren, eine Show abziehen, eine Nummer aufführen, so dass dich alle bewundern, indem du dich von den hohen Mauern des Tempels hinabstürzt und wohl und heil wieder landest? Die Sensation wird perfekt sein, du wirst als Superstar bewundert und geehrt werden, mit Ruhm überladen.

Oder wirst du einen anderen Weg gehen, den Weg der Macht, des Reichtums und des Besitzes? Dann wird man auf dich hören, ja sogar nach deiner Pfeife tanzen. Willst du deinen Besitz, dein Geld, zu deinem Gott machen?

Die Versuchungen Jesu, seine Macht und seine Möglichkeiten nur für sich selbst einzusetzen und davon zu profitieren! Macht, Ruhm, Ehre anstreben ist immer schon die Versuchung der Menschen gewesen, und diese Bestrebung beherrscht auch heute viele Menschen unserer Gesellschaft, im Großen und im Kleinen. Es wird uns jeden Tag in den Medien gezeigt und es steckt sogar in kleinen Kindern.

Jesus macht deutlich: Ein Mensch, wie Gott sich ihn vorstellt, lässt sich nicht von diesen Urbedürfnissen leiten. Er strebt andere Wertigkeiten an. Er weiß: „Ein Mensch lebt nicht nur vom Brot allein; ein gläubiger Mensch ist nicht so übermütig, dass er von Gott Dinge erwartet, die normalerweise nicht möglich sind und dass er die Naturgesetze außer Kraft setzt; das Wichtigste im Leben sind nicht Besitz und Reichtum. Widersteht der Versuchung eure ganze Kraft für diese Dinge einzusetzen.

Im Leben sind andere Dinge viel wichtiger. Und das Allerwichtigste im Leben ist, dass du an erster Stelle eine gute Beziehung zu Gott aufbaust, in vollem Vertrauen zu ihm, und gleichzeitig eine gute Beziehung zu deinen Mitmenschen - eine Beziehung, die von Liebe geprägt ist.

Das ist die Grundentscheidung, die Jesus in der Wüste trifft und die er in der darauffolgenden Zeit in Wort und Tat wahr machen wird. Ist das nicht auch die Grundentscheidung, die wir am Anfang der Fastenzeit treffen sollen, um sie im Laufe der Fastenzeit wenigstens schrittweise wahr zu machen? Es geht um unsere Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen, es geht darum, das Lieben zu üben, auch wenn uns das oft etwas kosten kann und wir deswegen auf andere Dinge verzichten, sie hintanstellen müssen, mögen sie uns auch oft als schön und interessant vorkommen. Ist das nicht das Fasten, das Gott von uns erwartet?

Zum Archiv